Induktives Laden im Straßenverkehr: Ein Schritt in Richtung Zukunft

Induktives Laden im Straßenverkehr: Ein Schritt in Richtung Zukunft

(Bild, KI, DALL-E)

Neue Konzepte für bekannte Herausforderungen

Die Elektromobilität steht im Zentrum vieler strategischer Überlegungen, wenn es um die Zukunft des Verkehrs geht. Doch trotz massiver Investitionen in Ladeinfrastruktur und Batterietechnologien bleibt ein Problem hartnäckig: Die Ladezeit. Genau hier setzt ein innovatives Konzept an, das derzeit unter realen Bedingungen auf der A6 in Bayern getestet wird – die Elektroauto-Ladung während der Fahrt.

Was vor wenigen Jahren noch nach Science-Fiction klang, nimmt inzwischen konkrete Formen an. Auf einer speziell präparierten Teststrecke zwischen den Ausfahrten Amberg-Sulzbach und Amberg-West fließt Strom kabellos durch die Fahrbahn – direkt in dafür ausgerüstete Fahrzeuge. Das System, entwickelt vom israelischen Unternehmen Electreon, basiert auf induktiver Energieübertragung.

Das Projekt im Detail

Infrastruktur unter Asphalt

Versteckt unter dem Asphalt verlaufen sogenannte Ladespulen, die Strom erzeugen, sobald ein passendes Fahrzeug darüber fährt. Der Strom wird kabellos über Empfängermodule im Fahrzeugboden aufgenommen und in die Antriebsbatterie eingespeist. Entscheidend dabei ist die Präzision der Technologie: Der Wirkungsgrad des Systems liegt laut Angaben über 90 Prozent – ein beachtlicher Wert, der selbst stationäre Ladesäulen in den Schatten stellt.

Beteiligte Partner und Ziele

Die Umsetzung erfolgt unter Leitung der Autobahn GmbH in Kooperation mit der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Unterstützung gibt es auch aus der bayerischen Landespolitik, was die politische Rückendeckung für zukunftsorientierte Mobilitätskonzepte unterstreicht. Der Fokus liegt auf der Entwicklung skalierbarer Lösungen für den realen Verkehrsalltag – mit der Elektroauto-Ladung während der Fahrt als Schlüsseltechnologie.

Internationales Interesse wächst

Weltweite Teststrecken

Electreon testet das System nicht nur in Deutschland. Bereits in Ländern wie Frankreich, Israel, Italien, den USA und China wurden Strecken installiert – teils im urbanen Raum, teils auf interurbanen Korridoren. In Karlsruhe wurde bereits eine frühe, deutlich kürzere Teststrecke eingerichtet – allerdings nicht auf einer Autobahn, sondern auf einem Betriebsgelände des Energieversorgers EnBW.

Langstreckentauglichkeit

Laut Angaben des Unternehmens war die bislang längste durchgehende Fahrt eines induktiv geladenen E-Autos knapp 2.000 Kilometer lang. Das zeigt: Technisch ist die Technologie bereit für den großen Maßstab. Entscheidend bleibt jedoch, ob sich wirtschaftlich sinnvolle Anwendungsszenarien finden lassen.

Anwendungsfelder und Zielgruppen

Fokus auf Nutzfahrzeuge

Zwar ist die Idee der Elektroauto-Ladung während der Fahrt grundsätzlich auch für Privatfahrzeuge denkbar, doch die unmittelbare Zielgruppe liegt derzeit klar im gewerblichen Bereich. Busse und Lkw, die auf festen Routen verkehren, profitieren deutlich stärker von der induktiven Stromzufuhr im laufenden Betrieb.

Gerade im öffentlichen Nahverkehr oder im Bereich der städtischen Logistik bietet das Konzept mehrere Vorteile:

  • Reduzierte Standzeiten durch Wegfall des Ladens
  • Weniger Bedarf an stationärer Ladeinfrastruktur
  • Potenzial zur Nutzung kleinerer Batterien mit geringerer Masse

Vorteile für Infrastruktur und Umwelt

Ein weiteres Plus liegt in der Schonung der Stromnetze. Durch die kontinuierliche Ladung während der Fahrt entfällt die Belastung durch gleichzeitiges Schnellladen vieler Fahrzeuge in Stoßzeiten. Auch die Materialnutzung an Bord der Fahrzeuge lässt sich optimieren, da kleinere Batterien weniger Ressourcen benötigen.

Technologische Herausforderungen

Fahrzeugkompatibilität

Damit Fahrzeuge mit dem System interagieren können, müssen sie mit speziellen Empfängermodulen ausgestattet sein. Diese Technologie ist bislang nicht serienmäßig verbaut und erfordert nachträgliche Umrüstungen – ein Hemmschuh für die schnelle Verbreitung.

Komplexität und Kosten

Der Einbau der Ladespulen in die Fahrbahn ist kostenintensiv und technisch aufwendig. Die Herausforderung liegt darin, einen wirtschaftlich tragfähigen Betrieb mit überschaubaren Wartungskosten zu gewährleisten. Zudem ist zu klären, wie die Energiekosten auf Nutzergruppen verteilt werden.

Perspektiven für den deutschen Markt

Deutschland ist mit seinen gut ausgebauten Autobahnen und ambitionierten Klimazielen ein ideales Testfeld für neue Konzepte der Elektromobilität. Doch auch hier gilt: Zwischen Pilotprojekt und flächendeckender Umsetzung liegt ein weiter Weg.

Skalierbarkeit als Knackpunkt

Soll sich die Elektroauto-Ladung während der Fahrt langfristig durchsetzen, müssen standardisierte Verfahren für Planung, Einbau und Betrieb entwickelt werden. Auch die Finanzierung durch öffentliche und private Akteure ist ein offenes Thema.

Integration ins Mobilitätskonzept

Statt als Einzellösung sollte die Technologie als Bestandteil eines intelligenten Gesamtsystems verstanden werden. Kombiniert mit intelligentem Verkehrsmanagement, autonomem Fahren und datenbasierter Routenplanung könnten induktive Ladestraßen ein wertvoller Baustein der zukünftigen Mobilitätsinfrastruktur sein.

Fazit

Die induktive Elektroauto-Ladung während der Fahrt ist mehr als ein technisches Experiment – sie bietet realistische Ansätze, einige der hartnäckigsten Herausforderungen der Elektromobilität zu lösen. Doch noch steht das System am Anfang einer langen Entwicklungsstrecke. Ob es sich auf breiter Front durchsetzt, hängt nicht nur von technischen Erfolgen ab, sondern auch von kluger Regulierung, wirtschaftlicher Tragfähigkeit und Akzeptanz bei Betreibern und Nutzern.

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